Die Baureihe V 75 / 107 der Deutschen Reichsbahn -
Geschichte und Verbleib
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Ein Großteil der folgenden Angaben zur Geschichte der Lokomotive ist dem "Deutschen Lok-Archiv - 
Diesellokomotiven", 4. Auflage 1993, transpress Verlagsgesellschaft mbH, von Herrn Wolfgang Glatte entnommen.
Die Tschechoslowakischen Staatsbahnen (CSD) stellten Anfang der 50er Jahre das Forschungsprogramm für eine Diesellokomotive auf, die sowohl im mittleren und schweren Rangierdienst als auch im Güterzugdienst einsetzbar sein sollte. Die Prager Lokomotivfabrik Ceskomoravska Kolben Danèk (CKD) entwickelte daraufhin eine vierachsige Drehgestelllokomotive mit elektrischer Leistungsübertragung und der Achsfolge Bo'Bo' und baute 1954/55 sechs Probelokomotiven mit der Baureihenbezeichnung T 434. Später erfolgte die Umzeichnung in T 436 infolge der Erhöhung der Achslast auf 16 t. Die installierte Leistung betrug 530 kW (720 PS) bei 700 U/min.
Bemerkenswert ist die äußere Gestaltung, die sich im Wesentlichen an amerikanische Vorbilder anlehnt. Ein langer schmaler und hoher Vorbau mit seitlichen Umläufen nimmt die Maschinenanlage auf. An einem Fahrzeugende ist ein über die volle Breite reichender Endführerstand angeordnet. Vom Standort des Triebfahrzeugführers ist daher die Sicht bei Vorwärtsfahrt - wie bei vielen amerikanischen Diesellokomotiven - nur seitlich am Vorbau entlang möglich.
Nach den Erprobungsergebnissen entstand 1956/57 eine weiterentwickelte Ausführung, die ebenfalls für den Rangier- und Güterzugdienst vorgesehen war und daher auch ohne Zugheizeinrichtung gebaut wurde. Sie hatte eine Leistung von 552 kW (750 PS) und wurde von den CSD in großen Stückzahlen beschafft und als Baureihe T 435 eingereiht. Diese Lokomotiven haben sich im Betriebseinsatz sehr gut bewährt. Sie wurden vom Hersteller auch für den Export mit Spurweiten von 1435, 1524 und 1676 mm angeboten und haben unter den unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen ihre Bewährungsprobe bestanden.
Als 1962 bei der Deutschen Reichsbahn der dringende Bedarf für eine Rangierlokomotive als Ersatz für die Dampflokomotiven der Baureihe 80 entstand, sich  die DR-V 60 jedoch noch im Erprobungsstadium befand, fiel die Enstcheidung zugunstens des Imports von 20 vierachsigen, dieselelektrischen Rangierlokomotive aus der CSSR. Diese Lokomotiven waren damit die ersten und lange Zeit auch die einzigen dieselelektrischen Lokomotiven der DR. Entsprechend den damaligen Bezeichnungsgrundsätzen erhielten sie die Baureihenbezeichnung V 75 (750 PS) und wurden als V 75 001 bis V 75 020 eingeordnet. 1970 erfolgte die EDV-gerechte Umzeichnung auf die Betriebsnummern 107 001 bis 107 020.
Obwohl sich die Baureihe 107 im Einsatz bei der DR sehr gut bewährte und sie als zuverlässig galt, begann ihr Stern als Splittergattung Anfang der 80er Jahre zu sinken. Bereits 1975 begannen die ersten Verkäufe und Abstellungen bis 1984 nur noch drei Lokomotiven zum Einsatzbestand der DR zählten.
Ein Koriosum fand man bis 2004 im Bereich Bw Leipzig Hbf Süd: ein Untergestell (Rahmen und Drehgestelle) einer BR 107 wurde als Radsatztransportwagen verwendet. Dieser scheint aber Ende 2003 / Anfang 2004 verschrottet worden zu sein.
Von der Prager Lokomotivfabrik Ceskomoravska Kolben Danèk (CKD) wurden insgesamt 287 Lokomotiven der heutigen CD/ZSSK-Baureihe 720 geliefert:
      • an die CSD mit einer Spurweite von 1435 mm: 145
      • an die CSD mit einer Spurweite von 1524 mm: 5
      • an verschiedene Industriebetriebe der CSSR: 83
      • Export: 54 (davon 20 Stück als V 75 / BR 107 an die Deutsche Reichsbahn, 10 an HSH Albanien, 8 an die Irakische Eisenbahn und 2 (?) an die RZD)
Außerdem erhielten verschiedene DDR-Industriebetriebe insgesamt 18 Lokomotiven aus den Werkhallen des CKD Prag, ... davon entsprechen der Baureihe T458.1 (heutige CD/ZSSK-Baureihe 721).
Lokomotiven, die vor 1962 an DDR-Industriebetriebe geliefert wurden, sind mit Schwanenhalsdrehgestellen ausgerüstet. Später erhielten die Lokomotiven - und so auch die V 75 / BR 107 - Drehgestelle mit Radsatzlenkern.
Nicht unerwähnt bleiben soll die T 453.087 der CSD, welche für Versuchszwecke mit einem stärkeren Motor mit einer Leistung von 589 kW (800 PS) und einer geänderten Übersetzung ausgerüstet wurde. Dadurch war eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h möglich. Im Ergebnis dieser Erprobungen entstand die Baureihe T 458, von der zwei Lokomotiven 1999 zur Karsdorfer Eisenbahn gelangten.
Eine Zusammenstellung aller in die DDR gelieferten bzw. heute noch in Deutschland
vorhandenen Lokomotiven der V 75 / BR 107 ist als Download hier verfügbar:
Hinweise zum Verbleib oder fehlerhaften Daten nehme ich auch gern per M@il entgegen.

Heute befinden sich noch sechs Lokomotiven in Deutschland. Nach der Insolvenz der Karsdorfer Eisenbahngesellschaft mbH hat die Fa. ARCO Transportation GmbH diese Lokomotiven übernommen. 
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